Hier möchte ich jedem der daran Interessiert ist, einen Eindruck von dem Ablauf und den einzelnen Arbeitsschritte hin zur fertigen Ambrotypie vermitteln.
Ein achtsamer und verantwortungsvoller Umgang mit den Chemikalien ist bei allen Arbeitsschritten unerlässlich. Von den verwendeten Chemikalien gehen nicht unerhebliche Gefahren aus! Für detailliertere Informationen über den Prozess und die einzelnen Arbeitsschritte möchte ich an dieser Stelle jedoch auf weiterführende Literatur verweisen. Als bestes und vollständigstes Werk in deutscher Sprache kann ich an dieser Stelle „Das Kollodium“ von Peter Michels nennen.
1. Das Glas
Ich verwende üblicherweise normales Fensterglas in 2 mm Stärke. Der günstigste Weg um neues Glas zu kaufen waren für mich bislang rahmenlose Bilderahmen, ich kaufe diese meistens in der größten Größe und schneide sie mir dann zurecht. Manchmal ist das Bilderrahmen-Glas vom Werk aus ein bisschen Ölig, ansonsten hatte ich mit diesem Glas bislang aber keine Probleme.
Nach dem zuschneiden der Glasplatten mit einem Glasschneider, müssen die kannten mit einem Schleifstein entgratet werden. Zum einen um sich nicht an den Bruchkanten zu schneiden, zum anderen um eine Spannungskante für das Kollodium zu schaffen, also damit dieses nicht über die Kante läuft.
2. Putzen
Damit das Kollodium später auf dem Glas haftet und natürlich auch keine Bildfehler entstehen, muss die Glasplatte absolut frei von Staub und Fettrückständen sein. Auch wenn man im Internet von vielen Möglichkeiten liest die Glasplatten zu putzen, hier eines der klassischen Mittel: Eine Art Scheuermilch aus Alkohol, Wasser und Calciumcarbonat.
Ich reibe die Glasplatte zuerst auf einer Seite mit dem Putzmittel ein und streife dieses anschließend mit gewissem Druck wieder ab, am Besten quietscht das Glas hierbei :D. Anschließend wiederhole ich das Ganze mit der zweiten Seite. Nun reibe ich noch die Kannten gründlich ab, damit hier keine Reste von dem Calciumcarbonat hängen bleiben. Zum Schluss, bzw. direkt vor der Beschichtung befreie ich die Glasplatte mit einem Antistatik-Pinsel gründlich von Staub.
3. Beschichten
Das Kollodium besteht aus in Alkohol und Ether gelöster Kollodiumwolle (Cellulosenitrat). In diesem Rohkollodium werden je nach verwendeter Formel verschiedene Iod- und Bromsalze gelöst. Diese sind für die spätere Lichtempfindlichkeit wichtig. Das photographische Kollodium selbst ist jedoch nicht Lichtempfindlich.
Die absolut saubere und staubfreie Glasplatte wird nun mit dem Kollodium beschichtet. Hierzu wird die Glasplatte auf den Fingerspitzen waagerecht balanciert und das Kollodium auf die Platte gegossen. Die Glasplatte wird jetzt vorsichtig in alle Richtungen gekippt, damit das Kollodium sich auf der ganzen Platte verteilen kann. das überschüssige Kollodium gieße ich über eine der Ecken in eine zweite Flasche wieder ab. Dieses Kollodium verwende ich erst wieder nachdem ich es gefiltert habe.
Ab jetzt muss die Platte Senkrecht mit der Ablaufecke nach unten gehalten werden, damit das Kollodium nicht auf die Platte zurückläuft. Ich Schwenke die Platte seitlich ein paar Mal hin und her um zu verhindern, dass sich Ablauflinien im Kollodium bilden. Auch muss die Beschichtung hierbei leicht antrocknen, je nach Temperatur ca. 10-30 Sekunden, dies erkennt man daran, dass die Oberfläche leicht matt wird.
4. Silberbad
Die beschichtete Glasplatte wird erst durch die Sensibilisierung im Silberbad lichtempfindlich. Das Sensibilisierungsbad besteht aus einer 9% Silbernitrat Lösung in destilliertem Wasser. Hier verbinden sich die Iod- und Bromsalze aus dem Kollodium mit dem Silbernitrat zu lichtempfindlichen Silberhalogeniden. Gerade das Sensibilisierungsbad ist besonders Fehleranfällig und bedarf einer gewissen Pflege, wenn man Bilder von guter Qualität erzeugen möchte.
Sobald die Beschichtung leicht matt wird, muss die Glasplatte in das Sensibilisierungsbad. Bei einem Sensibilisierungstank meiner Bauart, wird die Glasplatte mit Hilfe des Schiebers Vorsichtig und gleichmäßig in das Silberbad hinabgelassen. Wichtig ist das die Glasplatte ab diesem Moment keinem Licht mehr ausgesetzt wird. Die Sensibilisierung in der Silbernitratlösung dauert zwischen 3 und maximal 5 Minuten. Die Glasplatte wird unter Rotlicht wieder aus dem Sensibilisierungsbad herausgeholt auf der Rückseite gründlich abgetrocknet und in die Filmkassette eingelegt (Das überschüssige Silbernitrat würde die Filmkassette nur unnötig angreifen und verschmutzen).
5. Belichtung
Sobald die Platte aus dem Sensibilisierungsbad kommt, muss sie innerhalb kurzer Zeit belichtet und entwickelt werden (bei warmen Wetter durchaus innerhalb weniger Minuten). Denn sobald die Beschichtung trocknet, wird sie lichtunempfindlich, bzw. lässt sich nicht mehr entwickeln.
Bei der Ermittlung der passenden Belichtungszeit sind verschiedene Faktoren zu beachten:
- Die Lichtverhältnisse (Tageslicht oder Kunstlicht bei Kunstlicht ist das abgebildete Lichtspektrum besonders wichtig)
- Das Alter des Kollodiums (die Reaktivität der enthaltenden Iod- und Bromsalze im Kollodium nimmt mit zunehmendem Alter ab, dafür steigt der Tonwertumfang. Je nach Formel ist das Kollodium jedoch bis zu mehrere Monate gut verwendbar)
- Der Abstand zum Motiv (je geringer der Abstand zwischen Motiv und Objektiv ist, je länger wird die Brennweite und somit der Abstand zwischen Objektiv und Mattscheibe. Hierbei nimmt die menge an Licht die die Mattscheibe erreicht im Quadrat zur Brennweite ab.)
- Die Lichtstärke des Objektivs (Je Lichtstärker ein Objektiv ist bzw. je größer die gewählte Blende ist, umso kürzer ist natürlich die Belichtungszeit, um so geringer ist jedoch auch die Schärfentiefe)
- Oberflächenbeschaffenheit und Farbe des Motivs
Wichtig zu beachten ist, dass die Kollodium-Nassplatte hauptsächlich für das Blaue und Ultraviolette Lichtspektrum empfindlich ist (rote Haare oder auch dunkelgrünes Laub erscheinen im Bild sehr schnell schwarz). Bei Kunstlichtquellen fallen aufgrund des geringeren blauen und ultravioletten Anteils die Belichtungszeiten teilweise deutlich länger aus als im Sonnenlicht, selbst bei augenscheinlich vergleichbarer Lichtintensität. Somit ist die Ermittlung der korrekten Belichtungszeit immer auch eine Frage des Bauchgefühls und der Erfahrung. Die Lichtempfindlichkeit der Kollodium-Nassplatte schätze ich ca. zwischen 0,3 – 1 Iso ein, je nach alter des Kollodiums. Bei guten Lichtverhältnissen unter Tageslicht sind im Schatten bei Blende 5 bereits Belichtungszeiten von einer Sekunde und weniger möglich. Üblicherweise erfolgt die Belichtung über das abnehmen und wieder aufsetzen des Objektivdeckels.
6. Entwicklung
Alle üblichen Entwicklerformeln bestehen im wesentlichen aus den folgenden Inhaltsstoffen: dest. Wasser, Alkohol, Essigsäure, Eisen(II)-sulfat, tlw. ergänzt um weitere zusätze.
Wenn die Platte Belichtet wurde, wird sie in der Dunkelkammer unter Rotlicht wieder aus der Kassette genommen und wie bereits bei der Beschichtung auf den Fingerspitzen balanciert. Nun wird der Entwickler in einem Schwung über die Glasplatte gekippt und durch leichtes hin und her kippen zügig über die Glasplatte verteilt.
Jetzt sollte das Bild innerhalb von ca. 10 bis 20 Sekunden hervortreten, geschieht dies deutlich schneller wurde die Platte überbelichtet (die Wirkung einer Ambrotypie tritt dann am besten zu Tage, wenn das Bild leicht unterbelichtet wurde). Das rechtzeitige Stoppen der Entwicklung ist Erfahrungssache und erfolgt bevor sich in den Schatten des Bildes Konturen abzeichnen. Gestoppt wird die Entwicklung indem der Entwickler zügig mit Wasser abgewaschen wird, bis das Wasser als glatter Film von der Platte abläuft.
7. Fixierung
In der alten Literatur wird oft von einer Kaliumcyanid-Lösung als Fixierbad gesprochen. Auch heute noch schwört so manch ein Nassplattenfotograf auf diesen Fixierer. Jedoch ist dieser hochgradig giftig, Zum Glück lassen sich mit einer Fixierlösung aus Natriumthiosulfat genauso gute Ergebnisse erzielen, ohne das von diesem Fixierbad eine Gesundheitsgefahr ausgeht, daher arbeite ich ausschließlich mit Natriumthiosulfat als Fixierer.
Direkt nach dem Entwickeln kommt die Platte in das Fixierbad, dies kann bereits wieder unter Tageslicht erfolgen, um den Moment miterleben zu können, wenn das Bild sich klärt und die fertige Aufnahme erscheint. Die Fixierzeit sollte das 2 bis 3-fache der Klärzeit betragen. Anschließend muss die Platte gründlich gewässert werden um alle Chemikalienreste aus der Beschichtung zu schwemmen. Ich wässere für gewöhnlich mindestens eine 1/2 Stunde in einer großen Wasserschale unter gelegentlichen Kippbewegungen. Jetzt kann die Platte zum Trocknen in ein Trocknungsgestell gestellt werden.
8. Lackierung
Da die Beschichtung sehr empfindlich für Kratzer ist und im Laufe der Zeit oxidieren bzw. grau anlaufen würde, wird die Bildseite zum Schutz lackiert. Auch hier gibt es verschiedenste Möglichkeiten vom modernen Klarlack bis zum historischen Schellack. Ich verwende jedoch am liebsten eine ebenfalls ursprünglich verwendeten Sandaraklack. Einen Firnis aus in Alkohol gelöstem Sandarakharz, der mit Hilfe von Lavendelöl geschmeidig gemacht wird. Allein der wunderbare Duft nach Lavendel beim Lackieren ist Grund genug für diesen Lack.
Der Firnis wird wie bereits das Kollodium auf die Glasplatte aufgetragen und abgegossen. Anschließend wird die Glasplatte über einer Flamme erhitzt um eine Schnelle Trocknung zu erreichen. Hierbei wird die Platte zu Beginn wieder senkrecht mit der Ablaufecke nach unten gehalten, damit der Firnis nicht auf die Platte zurückläuft. Wenn man hierbei mit der Platte der Flamme zu nahekommt, besteht die Gefahr, dass der Firnis in Brand gerät. Bis die Lackierung voll ausgehärtet ist, vergehen Erfahrungsgemäß jedoch ca. 1-2 Wochen.
Bei der Verwendung von Klarglas stellt sich zum Schluss noch die Frage wie die Platte dunkel hinterlegt werden soll. Die historische Methode wäre hier die Beschichtung mit Asphalt. Diesen schätze ich wegen seines tiefen Schwarztons mittlerweile sehr.